Rechtsextremismus
Steinerne Zeitzeugen? Neue Fragen im Umgang mit „authentischen Orten“ der NS-Zeit
<p>Welche Rolle spielen authentische Orte bei der politischen und pädagogischen Auseinandersetzung mit der NS-Zeit? Und wie können sie dazu beitragen, ein aufgeklärtes und kritisches Geschichtsbewusstsein zu vermitteln?</p><p>Diese Fragen standen im Mittelpunkt einer von unserer Fraktionsvorsitzenden, <strong>Margarete Bause</strong>, moderierten Podiumsdiskussion im NS-Dokumentationszentrum München, an der neben Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Gedenkstättenpraxis und Denkmalschutz auch der kulturpolitische Sprecher der Landtagsgrünen, <strong>Sepp Dürr</strong>, teilnahm.</p>
28. Januar 2016
Nachdem der Erhalt von nationalsozialistischen Opfer- und Täterorten – und die Einrichtung von Gedenkstätten und Dokumentationszentren – lange Zeit von den Überlebenden und einer engagierten Zivilgesellschaft gegen starke politische Widerstände erstritten werden musste, hat sich das Wesen der Debatten in letzter Zeit stark verändert. Die aktuellen Diskussionen über die Zukunft des ehemaligen Reichsparteitagsgeländes in Nürnberg oder über den Umgang mit dem Diebstahl des Eingangstors der KZ-Gedenkstätte Dachau werden von manchen Beobachtern als Anzeichen für eine neue Unsicherheit in der Bedeutungszuschreibung von „authentischen“ Orten und Relikten der NS-Zeit gewertet.
„Es geht nun deutlich stärker darum, eine Inventur vorzunehmen und kluge Kriterien zu entwickeln, welche baulichen Relikte uns heute tatsächlich noch Auskunft über die NS-Herrschaft und ihre Verbrechen geben können“, erklärte Sepp Dürr. Unterstützt wurde er dabei vom Jenaer Historiker Norbert Frei, der bereits vor gut einem Jahr in einem viel beachteten Zeit-Artikel gefordert hat, „einmal innezuhalten und sich zu fragen, wo man eigentlich hinwill mit dieser infrastrukturell immer weiter perfektionierten, gedanklich jedoch zusehends leerlaufenden Erinnerungspolitik, die keine Gegner mehr kennt“.
Auch die anderen PodiumsteilnehmerInnen – die Leiterin der KZ-Gedenkstätte Dachau, Gabriele Hammermann, der Gründungsdirektor des NS-Dokuzentrums, Winfried Nerdinger, und der Chef des Landesamts für Denkmalpflege, Mathias Pfeil – betonten, dass nicht alle baulichen Hinterlassenschaften der Nazizeit zwangsläufig erhaltungswürdig seien. Während Winfried Nerdinger jedoch insbesondere den hohen Wert der räumlichen Erfahrbarkeit betonte, plädierte Gabriele Hammermann dafür, bei allen baulichen Investitionen die Ausstattung der pädagogischen Angebote nicht aus dem Blick zu verlieren. Hier sei – gerade in den letzten Jahren – ein Ungleichgewicht entstanden.
Margarete Bause und Sepp Dürr versprachen abschließend, diese Anregung – genau wie die vielen anderen spannenden Fragen und Einschätzungen der ExpertInnen und des Fachpublikums – in die politische Diskussion über den künftigen Umgang und die Auseinandersetzung mit den „steinernen Zeitzeugen“ der NS-Zeit mitzunehmen. „Die Erinnerung daran ist unabschließbar – und muss in jeder Generation immer wieder neu diskutiert und ausgehandelt werden“, so Dürr.