Rechtsextremismus
5. Jahrestag der NSU-Selbstenttarnung
<p>Bombenanschläge, Raubüberfälle, zehn Morde, davon fünf in Bayern – das ist die bisher bekannte schreckliche Bilanz der rechtsterroristischen Vereinigung Nationalsozialistischer Untergrund (NSU). Am fünften Jahrestag der Selbstenttarnung des NSU müssen wir leider feststellen: noch immer wissen wir viel zu wenig, noch immer wird die von Kanzlerin Merkel versprochene “lückenlose Aufklärung” verschleppt.<br>

03. November 2016
Auch fünf Jahre nach Aufdeckung des beispiellosen NSU-Terrors läuft die notwendige politische Aufklärungsarbeit weiter auf Hochtouren. Sieben Untersuchungsausschüsse in Bund und Ländern gehen aktuell den vielen noch immer offenen Fragen auf den Grund. Leider wird die ohnehin schwierige Aufklärungsarbeit durch die Blockadehaltung gerade des Bundesamtes für Verfassungsschutz noch immer erheblich erschwert.
Die Rolle des Verfassungsschutzes und seiner V-Leute bleibt zentral. Den zahlreichen Anhaltspunkten, dass mehrere V-Leute zwar nah am NSU-Trio dran waren, dass Morden jedoch nicht gestoppt wurde, muss zwingend weiter nachgegangen werden. Aus heutiger Perspektive scheint es so, dass V-Leute staatliches Wissen, staatlichen Schutz und staatliche Gelder für die Zwecke der Nazi-Szene im Allgemeinen sowie des NSU-Trios im Speziellen einsetzen. Wenn sich dieser Verdacht weiter erhärtet, müsste die von der Großen Koalition legitimierte V-Leute-Praxis umgehend gestoppt werden.
Solange zentrale Fragen ungeklärt bleiben, werden wir Grüne bundesweit die parlamentarische Aufklärung weiter entschlossen vorantreiben. Dies sind wir nicht nur den Opfern schuldig. Die Aufklärung bleibt auch notwendig, um verloren gegangenes Vertrauen in die Arbeit unserer Sicherheitsbehörden wieder herzustellen.
Für weitere nötige Aufklärungen forderten Grüne und SPD 2015 im Landtag eine unabhängige Kommission – doch die CSU fand das unnötig und hat es abgelehnt. Solch eine Kommission könnte die Umsetzung von notwendigen Reformen und Empfehlungen bei der Arbeit der Polizei- und Justizbehörden begleiten und die Aufklärung weiter vorantreiben. Sie kann Gesprächspartnerin für alle öffentlichen und zivilgesellschaftlichen Stellen sein, die sich mit der Aufklärung der Mordserie befassen.
Wir brauchen eine NSU Kommission bei uns in Bayern nicht nur aufgrund des noch nötigen Aufklärungsbedarfes, sondern auch als Zeichen an die Angehörigen der Opfer. Sie haben nicht nur geliebte Menschen verloren, sie haben sich oft schutzlos und allein gelassen gefühlt von den Sicherheitsbehörden – weil sie oft selbst im Mittelpunkt der Ermittlungen standen. Umso mehr darf der Landtag nicht zur Tagesordnung übergehen und muss – im Rahmen einer solchen Kommission – daran arbeiten, dass solche Taten in Zukunft besser verhindert werden können.
Denn eine Sache darf nicht passieren: Das Staatsversagen darf sich nicht bei der Aufklärung weiter fortsetzen. Deshalb sind Katharina Schulze (Grüne) und Florian Ritter (SPD) schon zu Anfang der Legislaturperiode auf die CSU und die Freien Wähler zugegangen, damit der Landtag hier geschlossen zusammenarbeitet. Leider mussten wir schnell feststellen, und auch die Debatten im Landtag belegen dies, dass CSU und Freie Wähler davon ausgehen, dass die NSU-Mordserie in Bayern bereits aufgeklärt ist, nach dem Tenor “brauchen wir nicht”, “bei uns läuft doch jetzt alles super”. Wie beschämend.