Rechtsextremismus

Dank grüner Initiative: Umbenennung von Schulen mit NS-belasteten Namensgebern

Mehrere Schulen in Bayern waren noch bis vor kurzem nach Personen benannt, die in die Verbrechen des NS-Regimes verstrickt waren. Das Kultusministerium hat über die Jahre hinweg nie daran Anstoß genommen.

Lokale Initiativen, die nicht zuletzt aufgrund neuerer Forschungsergebnisse die NS-Belastung der Namensgeber belegen konnten und eine Umbenennung forderten, erhielten vom Ministerium keine Unterstützung, obwohl es selbst an die Namensträger hohe moralische Anforderungen stellt: „Insbesondere für Bildungseinrichtungen“, teilt das Kultusministerium in seinem Bericht an den Landtag vom 25. Juni 2014 mit, muss „bei allen Namensbezeichnungen ein besonderes Maß an pädagogischem Vorbildcharakter als wesentlich angesehen werden“.

Seine Gleichgültigkeit rechtfertigte es mit dem Hinweis auf die Selbstständigkeit der Schulen. Die Entscheidung über die Namensgebung läge allein bei den unmittelbar Beteiligten und den Schulaufwandsträgern und Schulträgern.

Kultusministerium hält sich raus

Damit hatte sich das Kultusministerium ein Alibi geschaffen, um untätig zu bleiben und sich aus der Verantwortung zu ziehen. Deshalb haben wir bereits vor 21/2 Jahren einen Antrag eingebracht, in dem wir forderten, dass die Staatsregierung den Schulverantwortlichen fundierte Informationen über die Rolle der Namensgeber der betroffenen Schulen in der NS-Zeit liefern müsse. Unser Antrag fand sowohl im Bildungsausschuss als auch im Plenum fraktionsübergreifend Zustimmung. Anlass unserer Initiative war der hartnäckige Widerstand einzelner Schulverantwortlicher und Lehrer bei der Umbenennung des Wernher-von Braun-Gymnasiums in Friedberg. Kultusminister Spaenle hielt sich weitgehend aus der Diskussion heraus und beließ es bei Appellen, obwohl es keinen Zweifel an der Verstrickung Brauns in die Verbrechen der Nazis gab. Der Ritterkreuzträger und NSDAP- und SS-Mitglied Braun war beteiligt am Zwangsarbeitereinsatz in Peenemünde und Dorau-Mittelbau, bei dem an die 20.000 Menschen zu Tode kamen. Nach Kriegsende waren keine selbstkritischen Worte von ihm über seine Rolle in der NS-Zeit zu hören.

Grüner Antrag zwingt Spaenle zum Handeln

Nicht zuletzt der Beschluss des Landtags und die breite überregionale Berichterstattung über die Problematik führten zum schnellen Ende der Debatte und zur Rücknahme der Namensgebung. Seit Anfang Januar 2014 heißt das vormalige „Wernher-von-Braun-Gymnasium“ „Staatliches Gymnasium Friedberg“.
Im Juli 2013 berichtete das Kultusministerium im Vollzug des Landtagsbeschlusses über weitere Schulen mit NS-belasteten Namensgebern. Vorangegangen waren Recherchen der Bezirksregierungen und des Kultusministeriums.

Aufgeführt wurden

  • „Hans-Herrmann Grundschule“ und „Hans-Herrmann-Mittelschule“ in Regensburg. Das NSDAP- und SS-Mitglied Herrmann war während des 3. Reichs zweiter Bürgermeister von Regensburg und zuständig für die Arisierung jüdischen Eigentums. Nach dem Krieg trat er der CSU bei, für die er 4 Jahre im Landtag saß. Von 1952 bis 1959 war er Oberbürgermeister von Regensburg.
  • Erwin-Lesch-Schulen und -Förderzentren in Unterhaching, Neumarkt i.d. Opf., Neuburg a.d. Donau mit Außenstellen in Aresing und Schrobenhausen. Lesch war von 1925 bis 1943 pädagogischer Mitarbeiter der Münchner Universitätsklinik und an der Heckscher-Klinik. In diesen Funktionen trug er die Behindertenpolitik der Nazis mit Zwangssterilisationen und Euthanasie mit.

Im Bericht nicht erwähnt wurde die „Ferdinand-Porsche-Schule“ in Waldkraiburg, angeblich weil die Schule schon vor dem Landtagsbeschluss entschieden hatte, ihren Namen abzulegen. Der Vollzug zog sich allerdings hin. Offiziell legte die Schule erst zum 1. April 2014 ihren Namen ab. Porsche war NSDAP-Mitglied, SS-Oberführer, Wehrwirtschaftsführer und Träger des Kriegsverdienstkreuzes 1. Klasse und des Totenkopfrings. Als einer der ersten Wehrwirtschaftsführer forderte er 1941 bei Himmler sowjetische Kriegsgefangene als Zwangsarbeiter an.

Anfang 2014 stellten wir einen zweiten Antrag. Die Staatsregierung sollte über den Stand der Diskussion in der Frage der Umbenennungen an den betroffenen Schulen berichten und den Landtag informieren, wie sie die Schulen unterstützt hat. Auch dieser Antrag wurde fraktionsübergreifend und einstimmig beschlossen.
Ende Juni 2014 berichtete das Kultusministerium dem Landtag. Sehr erfreulich ist, dass inzwischen alle betroffenen Schulen ihren ursprünglichen Namen zurückgenommen haben. Zuletzt hat der Stadtrat in Regensburg beschlossen, die beiden nach Hans Herrmann benannten Schulen umzubenennen. Die Hans-Herrmann-Grundschule soll nach Vorschlag der Lehrerkonferenz und des Elternbeirats künftig „Grundschule der Vielfalt und Toleranz“ heißen.
Es ist offensichtlich, dass unsere Initiative den Entscheidungsprozess zur Umbenennung entscheidend beschleunigt hat. Beigetragen hat dazu auch, dass das Kultusministerium endlich Position bezogen hat. Es hat, laut Bericht, Empfehlungen zu den Namensänderungen ausgesprochen und die Schulen mit Informationen zu den Biographien der Namensgeber versorgt. Auch in künftigen Fällen will es so verfahren und die Schulen mit Expertisen unterstützen.

Weitere Fälle zu erwarten

Leider scheinen seine Namensrecherchen nicht sehr gründlich zu sein. Das zeigt das Beispiel der Richard-Rother-Realschule Kitzingen. Elternbeirat, Lehrerkollegium und der Schülerausschuss haben im Mai beschlossen, den Namen abzulegen. Der Grafiker und Bildhauer hatte sich in den Nazi-Jahren in den Dienst der Partei gestellt. Dem Kultusministerium war das nicht aufgefallen. In seinem Landtagsbericht war die Schule nicht aufgeführt worden.
Es ist davon auszugehen, dass auch in Zukunft weitere Fälle NS-belasteter Schulnamensgeber nicht vom Kultusministerium, sondern von der Zivilgesellschaft aufgedeckt werden, zumal der Landtagsbeschluss trotz Einstimmigkeit nicht von allen CSU-Abgeordneten mitgetragen wird. So hat der Regensburger CSU-Abgeordnete und –Stadtrat Franz Rieger erst jüngst in der Stadtratsdiskussion die Umbenennung der Hans-Herrmann-Grundschule in „Grundschule der Vielfalt und Toleranz“ mit der hanebüchenen Argumentation abgelehnt, es sei fraglich, ob der heutige Stadtrat überhaupt das Recht habe, demokratische Entscheidungen der 50er Jahre bezüglich Benennung von Schulen und Ehrenbürgerwürde zu revidieren.

Wir werden aufmerksam beobachten, wie das Kultusministerium reagiert, sollten weitere strittige Fälle bekannt werden. Wir erwarten dann, dass es seine eigenen Kriterien für Namensträger ernst nimmt und Stellung bezieht.