Finanzen und Haushalt

10 Jahre Landesbank-Pleite - 10 Jahre Finanzkrise

Seit zehn Jahren beschäftigt uns das Thema BayernLB in besonderem Maße

12. September 2018

Nach massiver politische Einflussnahme der CSU-Staatsregierung auf die Geschäftspolitik, insbesondere beim Kauf der HGAA, waren die Verluste der Bank so hoch, das Eigenkapital der Bank so weit gesunken, dass sie vor der Schließung stand.
Im Herbst 2008, pünktlich nach der Landtagswahl, wurde der große Kapitalbedarf der BayernLB öffentlich. Die Landesbank brauchte eine Kapitalhilfe in Höhe von 10 Mrd. Euro, dazu weitere Garantien, insbesondere eine Verlustübernahmegarantie für ABS-Papiere über 4,8 Mrd. Euro. Andernfalls hätten die Schließung der Bank durch die Bankenaufsicht und die Haftung der Eigentümer der Bank, der Sparkassen und des Freistaat Bayern, für Verbindlichkeiten in Höhe von annähernd 100 Mrd. Euro gedroht.

Die 10 Mrd. Euro setzten sich zusammen aus einer Eigenkapitalhilfe in Höhe von 7 Mrd. Euro und einer stillen Einlage Bayerns in die Bank in Höhe von 3 Mrd. Euro.

Bezahlt haben die 10 Mrd. Euro schwere Direkthilfe allein die bayerischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Der Betrag wurde ausschließlich über neue Staatsschulden finanziert. Die bayerischen Sparkassen als Miteigentümer haben erst mal nichts gezahlt.

Die Verluste der Bank setzten sich im Wesentlichen zusammen aus Verlusten der übernommenen Hypo Alpe Adria Bank in Kärnten (HGAA, Hypo Group Alpe Adria), Investitionen in US Immobilienpapiere (ABS, Asset Backed Securituies) und der Beteiligung an der MKB Bank in Ungarn.


Wie sieht das im Einzelnen aus?

  • HGAA
    Minister Söder hat schon wiederholt gesagt, der Kauf der HGAA im Jahr 2007 sei der größte wirtschaftspolitische Fehler der Nachkriegsgeschichte. Das ist aber nur ein Teil des Problems.
    Der Fehler bestand nicht nur darin, die HGAA überhaupt zu übernehmen. Sie wurde dann auch noch fehlerhaft übernommen. Und um das Triple vollständig zu machen, auch fehlerhaft wieder verkauft.
    Der Kaufpreis für die Bank war nicht nur zu hoch, sie hätte zu keinem Preis gekauft werden dürfen. Die HGAA hatte 111 Tochtergesellschaften, deren Risiken nicht überschaubar waren. Dazu kam, dass bei der Unterzeichnung des Kaufvertrags die Überprüfung der Bank (Due Diligence) noch nicht abgeschlossen war. Garantien von Seiten des Verkäufers wurde nicht vertraglich vereinbart.
    Der HGAA-Untersuchungsausschuss des Landtag hatte daher grobe Fahrlässigkeit des BayernLB-Managements festgestellt. Das gilt auch für die Aufsicht in Person der CSU- und Sparkassenverwaltungsräte Kurt Faltlhauser (Finanzminister), Huber (Wirtschafts- und Finanzminister), Günther Beckstein (Innenminister), Georg Schmid (Staatssekretär), Joachim Herrmann (Innenminister), Siegfried Naser (Präsident des Sparkassenverbandes), Hans Schaidinger (Bayerischer Städtetag und Oberbürgermeister von Regensburg), etc.. Auch sie haben grob fahrlässig gehandelt.
    Beim Notverkauf der Bank Ende 2009 an die Republik Österreich wurden ca. 4 Mrd. Euro Darlehen der Mutter BayernLB in der HGAA belassen, in der Hoffnung auf Rückzahlung. Dass diese Rückzahlung nur teilweise und nach schwierigen Verhandlungen erfolgte, sorgte für weitere Verluste. Der Gesamtschaden durch den Kauf und Verkauf der HGAA beläuft sich 5,3 Mrd. Euro. Das Geld ist weg und wird nie wiederkommen.
  • ABS-Papiere: der zweite Großschaden
    Nach dem Wegfall der Gewährträgerhaftung im Jahr 2005 war die BayernLB auf der Suche nach neuen Gewinnmöglichkeiten. Das Wort Gewinnmöglichkeiten erinnert etwas an Glücksspiele, und das war es dann auch. Die Landesbank kaufte ABS-Papiere, auch im Subprime-Segment US-amerikanischer Immobilien. Sie hat in diesem Geschäft noch bis Mitte 2007 mitgemischt, sogar von anderen Banken - wie der Deutschen Bank - noch nachgekauft, als die sich von ihren Papieren trennten.
    Nach 2008 verwiesen Vorstand wie Verwaltungsrat unisono darauf, das hätten ja alle so gemacht und man hätte es auch nicht besser wissen können. Beides ist falsch. Es gab zwar Banken, die wie die BayernLB sich von den hohen Renditeerwartungen blenden zu lassen und genauso oder schlimmer (SachsenLB) endeten. Andere Banken, staatliche wie Private ließen aber die Finger davon (wie die Helaba).
    Tatsächlich entfiel nahezu die Hälfte aller deutschen Wertberichtigungen durch Fehlspekulationen auf dem US-Immobilienmarkt alleine auf die drei Landesbanken WestLB, SachsenLB und BayernLB. Dabei sind die drei gegenüber den großen Privatbanken eher klein.
    Die ABS-Papiere sind inzwischen verkauft. Der Verlust aus diesem Abenteuer summiert sich auf rund 2,6 Mrd. Euro
  • MKB
    Der dritte große Verlustbringer war die Beteiligung an der MKB Bank in Ungarn.
    Unterm Strich hat die MKB die BayernLB bis zum Verkauf der Beteiligung 2 Mrd. Euro gekostet. Das war nicht unbedingt das Verschulden Bayerns, sondern im Wesentlichen der Willkürpolitik Ungarns gegenüber ausländischen Banken unter Ministerpräsident Orban geschuldet. Das Geld ist trotzdem weg. Umso unverständlicher und skandalöser, dass Orban von der CSU-Staatsregierung derart hofiert wird.

Was konnten wir erreichen?

Zwei Untersuchungsausschüsse, einer zu den Verlusten der Bank vor der Landtagswahl 2008 (Hier der Link)
und einer zur Übernahme der HGAA (Hier der Link zum Dokument)
haben Aufklärungsarbeit geleistet. Zwischen 2009 und 2013 hat zusätzlich eine Kommission des Landtags die Sanierung der Bank begleitet.

Nicht zuletzt durch den Druck der Opposition hat sich einiges gebessert:

  • Die BayernLB hat ihr Geschäftsmodell „normalisiert“: Ihre Geschäftstätigkeit hat sie auf Bayern und Deutschland begrenzt. Geschäfte im Ausland sind möglich, wenn es einen Bezug zu deutschen Kunden gibt.
  • Die BayernLB hat sich halbiert: Die Bilanzsumme ist von 440 Mrd. Euro auf 220 Mrd. Euro gesunken. Beteiligungen wurden verkauft. Spekulative Eigengeschäfte finden nicht mehr statt.
  • Der Vorstand hat personell mit dem aus dem Jahr 2008 nichts mehr zu tun.
    Der neue Vorstand unter Dr. Riegler hat Altlasten abgebaut und dafür gesorgt, dass die Bank derzeit – soweit wir das beurteilen können – im „normalen“ Bankgeschäft trotz Niedrigzinsumfeld im laufenden Geschäft Gewinne erwirtschaftet. Ob das so bleibt, hängt neben der Entwicklung des Bankensektors insgesamt auch am Geschäftsmodell der BayernLB. Und daran, in wieweit die Landesbanken untereinander kooperieren oder konkurrieren.
  • Der politische Einfluss ist auf die Kontrolle der Bank reduziert worden. Politisch motivierte Geschäfte auf Druck von Staatskanzlei oder Finanzministerium gehören der Vergangenheit an – so weit wir das aus der Opposition heraus beurteilen können.
  • Der frühere Verwaltungsrat heißt jetzt Aufsichtsrat. Politiker des Freistaats Bayern sind raus aus dem Aufsichtsrat. Die politische Verantwortung bleibt aber selbstverständlich. Schließlich gehören dem Freistaat Bayern heute 75% der Bank.

Was bleibt?

Jetzt, 10 Jahre nach der Landbankkrise, ist wieder alles in Butter? Thema erledigt?
Für die Bank im Prinzip schon. Ihre Bilanz ist wieder OK. Das EU-Beihilfeverfahren ist abgeschlossen, Staatshilfen, die zurückgezahlt werden mussten, sind zurückgezahlt.
Für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ist das Thema aber noch lange nicht erledigt.

Was bleibt sind Staatsschulen und Kosten für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler

Netto, also Ausgaben abzüglich der Rückzahlungen der Bank, belaufen sich die Kosten auf immer noch 8,6 Mrd. Euro.

Zwar hat die BayernLB rund 5 Mrd. Euro an Bayern gezahlt. 3 Mrd. Euro für die stille Einlage und 2 Mrd. Euro Gebühr für die Übernahme von Verlusten aus dem ABS-Portfolio.
Aber in die Rechnung gehören erstens sämtliche Zinsen, die für die BayernLB bedingten Staatsschulden bisher zu zahlen waren. Und dazu gehören auch die Ertragsausfälle der Fonds, deren Kapital zum Kauf der HGAA in Eigenkapital der Bank umgewandelt wurden:
Arbeitsmarkt- und Sozialfonds, Hochschule International, Kulturfonds, Künstlerhaus Bamberg, Umweltfonds, Altlastensanierungsfonds, Naturschutzfonds.

Die Staatsregierung stellt gerne in den Raum, dass die BayernLB die 7 Mrd. Euro Eigenkapitalhilfe auch noch zurückzahlen kann. Aber das ist – vorsichtig ausgedrückt – Wählertäuschung. Denn das Geld ist weg. Es ist für den Ausgleich der Verluste verwendet worden. Mehr dazu in der Tabelle hier: Hier eine Zusammenstellung der Auswirkungen der BayernLB auf den Staatshaushalt

Nicht zu vergessen ist der Wertverlust der Bank selbst. Vor 2008 wurde der Wert der BayernLB auf ca. 8 Mrd. Euro geschätzt. Davon gehörten dem Freistaat Bayern 50%, also 4 Mrd. Euro. Heute gehören dem Staat zwar 75% der Bank. Marktwert unbekannt.