"Bayern Barrierefrei 2023" - die größte Mogelpackung im gesamten Doppelhaushalt

Heftige Kritik an dem ‚Sonderinvestitionsprogramm Bayern Barrierefrei 2023‘ formulierte die Sozialpolitikerin Kerstin Celina im Rahmen der Haushaltsdebatte im Bayerischen Landtag. Ministerpräsident Horst Seehofer habe mit seinem Versprechen, Bayern bis zum Jahr 2023 im gesamten öffentlichen Raum barrierefrei zu machen, bei den betroffenen Menschen mit Behinderung große Erwartungen geweckt. „Nun entpuppt sich das sogenannte Sonderinvestitionsprogramm als die größte Mogelpackung im gesamten Doppelhaushalt der Staatsregierung“, so Kerstin Celina.<br>

12. Dezember 2014


Angeblich umfasst das Sonderinvestitionsprogramm für die Jahre 2015 und 2016 ein Volumen von insgesamt 192 Millionen Euro. Doch nur 20 Mio. € oder 10 Prozent der Summe sind tatsächlich zusätzliches Geld. Der Rest besteht aus einem Sammelsurium unterschiedlicher Haushaltstitel, die bereits seit langem fest im Haushalt eingestellt sind. Zu einem erheblichen Teil werden sogar einfach nur Bundesmittel weitergereicht. Für Kerstin Celina steht fest: „Ohne zusätzliche Mittel hat das Sonderinvestitionsprogramm seinen Namen nicht verdient.“

Von den drei prioritären Handlungsfeldern bei der Umsetzung der Barrierefreiheit, - nämlich Mobilität, Bildung und Staatlicher Hochbau - bleibt bei näherem Hinsehen ebenfalls nicht viel übrig.
Im Bereich der Mobilität werden ausschließlich Bundesmittel weitergereicht! Bei den ausgewiesenen 60 Millionen Euro für neue Linienbusse, handelt es sich um seit langem im Haushalt stehende Bundesmittel zur Förderung des ÖPNV’s. Barrierefreie Niederflurbusse sind bei der Neuanschaffung von Bussen längst der Standard. Auch die angeblichen 20 Mio. € für den Ausbau von Bahnhöfen sind Bundesmittel aus dem Kraftfahrsteuerverbund. In beiden Bereichen geht es lediglich um die Umsetzung gesetzlicher Standards. Im Bereich Mobilität gibt der Freistaat also keinen zusätzlichen Cent aus.

Sozialministerin Müller ist im Ministerrat gescheitert

Im Bereich Bildung sieht es nicht besser aus. Bei den behaupteten 22 Mio. € zum Umbau von Schulen und Kitas handelt es sich nur um einen geschätzten Anteil der Zuweisungen aus dem Finanzausgleichsgesetz (FAG)  zum Bau von neuen Schulen, schulischen Sportanlagen und Kitas. Bei einem Gesamtfördervolumen von 742 Millionen Euro werden einfach 22 Millionen Euro für die Umsetzung der baulichen Vorgaben zur Barrierefreiheit ausgewiesen. „Auch in der Bildung gibt der Freistaat also keinen zusätzlichen Cent für Barrierefreiheit aus, sondern erfüllt lediglich seine gesetzlichen Verpflichtungen nach dem FAG“, kritisiert Kerstin Celina.
Im Bereich der staatlichen Gebäude werden angeblich 40 Millionen € für Investitionen in die Barrierefreiheit von staatlichen Neubauten ausgegeben. Auch hier wurde lediglich der ungefähre Anteil aus den staatlichen Hochbaumitteln errechnet, der für die Umsetzung der baurechtlichen Vorgaben zur Barrierefreiheit ausgegeben wird. „Also auch hier weder neue Maßnahmen noch zusätzliches Geld.“ Lediglich die insgesamt 17,5 Millionen Euro, die für Investitionen in staatliche Bestandsgebäude wie Museen, Gerichte, Hochschulen und Polizeiwachen ausgegeben werden, stellen vermutlich tatsächlich zusätzliche Mittel dar. „Doch auch diese Summe ist angesichts der Gesamtzahl staatlicher Gebäude lächerlich gering.“ Hinzu kommen noch 2,5 Mio. € für flankierende Öffentlichkeitskampagnen und Beratungsangebote zur Umsetzung von Bayern Barrierefrei. „Doch dieses Rumpfprogramm“, so das bittere Resumee von Kerstin Celina, „hat weder Werbung noch Öffentlichkeitsarbeit verdient“.

Sozialministerin Müller ist im Sommer mit einem umfassenden Konzept zur Umsetzung der Barrierefreiheit im Ministerrat gescheitert. In einem bereits interministeriell abgestimmten, ressortübergreifenden Gesamtkonzept zur Umsetzung des Sonderinvestitionsprogramms wurden für die Jahre 2015 und 2016 zusätzliche Mittel in Höhe von mindestens 176 Millionen Euro eingefordert. Insgesamt wurde der zusätzliche Investitionsbedarf bis 2023 auf mindestens 1,5 Milliarden Euro geschätzt. Dieses ernstzunehmende Konzept scheiterte im Kabinett am Veto von Finanzminister Söder. Söder berief sich dabei auf die gültige Beschlusslage der Staatsregierung, kein zusätzliches Geld für die Umsetzung der Inklusion in Bayern auszugeben. 

„Angesichts eines auch von Sozialministerin Müller angenommen Gesamtinvestitionsbedarfs von mindestens 1,5 Milliarden Euro bis zum Jahr 2023, sind die zusätzlichen 20 Millionen Euro für 2015 und 2016 geradezu lächerlich“,  beklagt Kerstin Celina. „Von einer Umsetzung der von Ministerpräsident Seehofer in seiner Regierungserklärung versprochenen Barrierefreiheit sind wir so nicht 9 Jahre entfernt, sondern eher 90 Jahre.“