Europa und Föderalismus

Grenzüberschreitende Zusammenarbeit statt starrer Quarantänepflichten

Auf die Lebensrealität der Europäer*innen eingehen!

04. Dezember 2020

Die Coronakrise bedroht weiterhin unser aller Gesundheit und das Leben von vielen Menschen in unserem Land. Daher ist es wichtig und richtig, dass sich jede*r Einzelne einschränkt und für einen begrenzten Zeitraum auf manche liebgewonnenen Freiheiten verzichtet, für das Wohl aller. Diese Einschränkungen darf die Staatsregierung auch mit rechtlichen Mitteln durchsetzen.
Was sie nicht darf: vollkommen willkürlich Grundrechte einschränken, ohne eine gute Begründung. Auch für Corona-Maßnahmen gelten rechtsstaatlichen Grundsätze, diese müssen verhältnismäßig und geeignet sein, sowie Gleiches gleichbehandeln. Aus diesem Grund hat am 20.11. das Oberverwaltungsgericht Münster die Quarantäneregeln in Nordrhein-Westfalen vorläufig außer Vollzug gesetzt (Az. 13 B 1770/20.NE). Das Gericht war der Ansicht, dass eine pauschale Quarantäneregel für Einreisende aus Risikogebieten ohne Berücksichtigung des heimischen Infektionsgeschehens nicht zulässig sei, denn: Angesichts der hohen Infektionszahlen bei uns böte diese Regel keinen nennenswerten zusätzlichen Schutz, greife jedoch tief in die Grundrechte des Betroffenen ein.
In Bayern bleibt diese Regel jedoch weiterhin in Kraft, wider besseres Wissen. Die Söder-Regierung versteckt sich weiter hinter Gerichtsbeschlüssen des hiesigen Verwaltungsgerichtshofes aus dem Frühjahr und Frühherbst und ignoriert dabei, dass die Lage zu diesen Zeitpunkten noch eine gänzlich andere war: Damals waren die Infektionszahlen in Deutschland tatsächlich noch deutlich niedriger als in anderen europäischen Ländern, mittlerweile ist es teilweise umgekehrt!
Dies verdeutlicht: Die Corona-Pandemie ist dynamisch, man kann ihr nicht mit starren Regeln begegnen. Gleichzeitig spielen in der Lebensrealität vieler Europäer nationale Grenzen nach über 30 Jahren Schengen keine Rolle mehr, soziales und wirtschaftliches Leben in den bayerischen Gemeinden an den Grenzen zu Österreich, Schweiz oder zu Tschechien sind untrennbar verwoben. Doch offensichtlich erkennt die Söder-Regierung dies nicht an und möchte auch hier solange warten, bis Gerichte ihre Maßnahmen Stück für Stück kassieren.
Wir Landtags-Grüne fordern daher:

  • Eine Quarantänepflicht nur noch, wenn die Infektionszahlen am Reisezielort im Ausland tatsächlich deutlich höher sind als am Heimatort;
  • Dauerhafte Streichung der Testpflicht für Grenzpendler (diese war am 24.11.2020 vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof nur vorläufig außer Vollzug gesetzt worden, Az. 20 NE 20.2605);
  • Stattdessen bedarf es stärkerer Zusammenarbeit über Ländergrenzen hinweg: Lokale Task Forces unter Beteiligung der Kommunen in den Grenzregionen in Bayern und im Nachbarland sowie des Bundes können am besten über die im jeweiligen Kontext vor Ort sinnvollen Maßnahmen entscheiden.
  • Um Härten im engen familiären Umfeld, gerade nun zu Weihnachten etwas abzufedern, muss bei Besuchen von Partner*in und Verwandten ersten Grades gelten: keine Quarantäne bei Kurzzeitbesuchen bis 72h, egal ob dieser in Bayern oder im Nachbarland stattfindet. Bislang gibt es hier eine Ungleichbehandlung, doch nicht immer lebt der mobilere Teil einer Familie im Ausland und kann ohne weiteres nach Bayern reisen!