Energie

Grüne Messlatten für wirksamen Klimaschutz

Bald drei Jahre ist die Koalition CSU/FW an der Regierung und beim Klimaschutz ist weiterhin kein Konzept, kein Plan zu erkennen.

16. Juli 2021

Andere Bundesländer legen vor – das Klimaschutzgesetz aus Baden-Württemberg wird immer besser, je mehr Grüne Abgeordnete dort ins Parlament gewählt wurden. Es ist aber nicht das Ende der Geschichte, weil die CDU dort bekanntlich auch noch mitregiert. Daher können wir mit Fug und Recht behaupten: Das modernste und fortschrittlichste Klimaschutzgesetz wird derzeit im Bayerischen Landtag behandelt und es wurde von uns Grünen eingereicht. Wir haben nicht nur ein Ziel gesetzt, sondern auch den Weg dorthin definiert und die Verantwortlichkeiten klar verteilt. Wir verfolgen den Budgetansatz, wonach nur noch eine beschränkte Menge an Treibhausgasen emittiert werden darf. Dieses Budget wird auf die einzelnen Sektoren aufgeteilt und es werden verbindliche Zwischenziele definiert. Die Entwicklung wird zeitnah überwacht und entsprechend nachgesteuert, wenn wir vom Ziel abweichen.

Noch viel wichtiger als Ziele sind aber die konkreten nächsten Schritte. Wir Grüne haben seit der Verkündigung des Beschlusses des BVerG schon ein umfangreiches Klimaschutz-Sofortprogramm, einen aktualisierten Gesetzentwurf und drei Dringlichkeitsanträge mit konkreten Maßnahmen präsentiert. Wir haben klimapolitisch in nur zwei Monaten mehr vorgelegt, als CSU und FW seit Beginn dieser Wahlperiode (Oktober 2018).

Wir Grüne haben nicht nur eine Regierungserklärung erwartet – es hätte auf jeden Fall ein „generalrenoviertes“ Bayerisches Klimagesetz eingereicht werden müssen. Aber es scheint so, als würde sich der Bayerische Landtag erneut mit einer bloßen Ankündigungs- und Überschriftenpolitik des CSU-Ministerpräsidenten auseinandersetzen müssen. Hier sind wir ein gebranntes Kind. Was wurde nicht alles vor dem letzten Bayerischen Klimagesetz angekündigt! Wir Grüne denken in Maßnahmen!

Grüner Katalog an Sofortmaßnahmen

Wir Landtags-Grüne legen heute einen Katalog von 16 Sofortmaßnahmen vor – Maßnahmen, die allesamt relativ zügig umgesetzt werden können (siehe Anlage am Ende). Einige davon möchten wir hier noch genauer erläutern:

  • 180 €-Schattenpreis: Mittlerweile haben die meisten Menschen erkannt, dass CO2 einen Preis bekommen muss. Die Grundproblematik ist, dass der aktuelle CO2-Preis weit unter dem liegt, was an gesamtgesellschaftlichen Schäden durch die CO2-Emissionen entsteht. Wir haben also eine gewisse Zeitverschiebung. Darum muss der C02-Preis angepasst werden – sozial und wirtschaftsverträglich. Im staatlichen Bereich, also bei Investitionen des Staates und bei Vergaben kann der Freistaat beim Vergleich von Angeboten aber die Folgeschäden bereits heute einkalkulieren und durch zukunftsgerichtete Investitionen Schäden vermeiden. Dazu braucht es eine Änderung der Vergaberichtlinien und einen Klimacheck bei allen Investitionen und Förderungen.
  • Die Bedeutung der Windenergie müssen wir nicht mehr groß ausführen. Der steigende Strombedarf macht die Windenergie noch wichtiger und Bayern muss hier endlich aufholen. Die Verweigerungspolitik der Söder-Regierung muss ein Ende haben. Das Haupthemmnis und Windkraftverhinderungsgesetz 10H muss schnellstmöglich beseitigt werden. Die Ausweisung von geeigneten Flächen ist dringlich.
  • Die zweite Säule der Energieversorgung der Zukunft ist die Solarenergie. Auch hier legt Baden-Württemberg bei der Solarpflicht vor, während in Bayern seit Jahren keine Einigung erzielt wird und ein trauriges Schauspiel der Söder-Regierung stattfindet. Wir fordern eine Solarpflicht für Neubauten, Bestandsgebäude und Parkplätze ab 2022.
  • Ein Punkt im Gebäudebereich: Die Kontrolle über den Vollzug des Gebäudeenergiegesetzes. Wir haben im Neubau viele gute Regelungen, aber sie werden nicht konsequent kontrolliert. Mit jedem Neubau schaffen wir aber Strukturen für Jahrzehnte. Deshalb ist es wichtig, jetzt keine „Klimasünden“ für die nächsten Jahrzehnte einfach durchzuwinken. Darum brauchen wir eine klare Kontrolle vor Ort auf den Baustellen.
  • Energiewende geht nur sozial fair mit einer gerechten Aufteilung der Kosten durch die CO2-Bepreisung oder der Gebäudesanierung. Es ist eine absurde Debatte über die wahren Verursachenden. Natürlich sind sowohl die Hauseigentümer*innen, die über die (Nicht)Sanierung bzw. die Heizungsart entscheiden, wie auch die Mieter*innen durch ihr Verbrauchsverhalten Verursacher*innen. Ein Drittelmodell für die Sanierungskosten und eine hälftige Aufteilung der CO2-Abgaben für Brennstoffe ist eine sozial ausgewogene Regelung, die auch entsprechende Lenkungswirkung entfalten kann.
  • Im Mobilitätsbereich konzentrieren wir uns auf den Ausbau der Ladeinfrastruktur. Es wird perspektivisch nicht ausreichen, wenn E-Auto-Besitzer*innen ihre Batterie zu Hause aus dem eigenen PV-Batteriespeicher aufladen. Denn viele Menschen werden auch in Zukunft kein eigenes Haus mit einer eigenen PV-Anlage haben. Und wir müssen versuchen, dass die tagsüber anfallende Solarenergie am besten direkt genutzt wird, um die Autobatterien zu speisen. Darum legen wir einen Schwerpunkt auf den Ausbau der Ladeinfrastruktur auf den tagsüber genutzten Parkplätzen: bei den Arbeitgeber*innen, den Parkhäusern, den Behörden, den P&R-Stationen.

Grünes Fazit:

Die Bayerische Staatsregierung muss die Zeichen der Zeit erkennen! Der European Green Deal auf europäischer Ebene, die Erkenntnis des Bundeswirtschaftsministers, dass in der Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien in den nächsten zehn Jahren deutlich zugelegt werden muss, und die tragischen Ereignisse der letzten Tage als Vorboten des Klimawandels, müssen die Staatsregierung überzeugen: Wir brauchen spätestens jetzt einen Wechsel in der Bayerischen Klimapolitik.

Wir Landtags-Grüne haben einige Maßnahmen vorgelegt, die aus unserer Sicht unabdingbar sind. Wie dürfen keine Zeit mehr verlieren, nicht nur um die nächsten Generationen zu entlasten. Es ist schon so weit gekommen, wie die derzeitigen Ereignisse zeigen, dass wir diese Generation entlasten müssen.

16 grüne Vorschläge für bayerische Sofortmaßnahmen: Grüne Messlatten für Ministerpräsident Söder

Klima

  1. Klimagesetz mit den Schwerpunkten Budgetansatz, Sektorenziele, Zwischenziele, Kommunen, Verbindlichkeit, Monitoring, Nachsteuerung.
  2. Änderung der Vergaberichtlichtlinien (incl. 180 Euro-Schattenpreis)
  3. Klimacheck bei allen Investitionen und deren Förderung (incl. 180 Euro-Schattenpreis)

Energie

  1. Die 10H-Regelung wird umgehend in rechtskräftigen Vorranggebieten der Regionalplanung sowie in grünen und gelben Gebieten gemäß Gebietskulisse Windkraft aufgehoben. Bis Jahresende wird die 10H-Regelung gänzlich aufgehoben und gleichzeitig werden die Regionalen Planungsverbände für eine fundierte Ausweisung von Vorranggebieten finanziell und personell ausreichend ausgestattet.
  2. Eine Solarpflicht für Neubauten, Bestandsgebäude und Parkplätze wird in Bayern schrittweise ab 2022 eingeführt. Die rechtlichen Grundlagen sind umgehend zu schaffen. Eine ähnliche Regelung auf Bundesebene wird angestoßen.
  3. Der kommunale Finanzausgleich wird dahingehend reformiert, dass der ländliche Raum gestärkt wird, indem Kommunen mit einem hohen Anteil an Erneuerbarer Energien finanziell bessergestellt werden
  4. Bayerische Wasserstoffstrategie beim Einsatz von Wasserstoff auf Industrieanwendungen und Luft- und Schifffahrtsanwendungen konzentrieren.

Wärme

  1. Förderprogramm "Plus-Energie-Schule": Alle Schulgebäude werden fit für die Zukunft gemacht. Gut gedämmte Schulen mit moderner Lüftung und einem Sonnenkraftwerk auf dem Dach werden zu einem Lernort gemacht, in dem Klimaschutz gelebt wird.
  2. Einführung von Sanierungsfahrplänen, die obligatorisch für alle Gebäude erstellt werden, die veräußert werden oder vor einem Heizungstausch stehen. Ergänzende Fahrpläne für einkommensschwache Quartiere werden vom Freistaat in Zusammenarbeit mit den Kommunen direkt aufgestellt.
  3. Verstärkung des Vollzugs zur Überprüfung der Vorgaben des Gebäudeenergiegesetzes auf der Baustelle vor Ort.
  4. Ausweitung des Anschluss- und Benutzungszwangs für EE-Wärmenetze.
  5. Start einer Bundesratsinitiative für eine sozial ausgewogene Kostenverteilung bei der energetischen Gebäudesanierung in Mietshäusern nach dem sogenannten "Drittelmodell".

Mobilität

  1.  Ausbau der elektrischen Ladeinfrastruktur:
    • Verpflichtung für von staatlichen und kommunalen Behörden zur Verfügung gestellten Parkplätzen
    • Verpflichtung für von Arbeitgebern zur Verfügung gestellten Parkplätzen
    • Verpflichtung für alle kostenpflichtigen Parkplätze/Parkhäuser/ etc.
    • Förderprogramm für Aufbau von Ladeinfrastruktur durch kommunale Gebietskörperschaften
    • Förderprogramm für Aufbau von Ladeinfrastruktur an Bahnhöfen (incl. S- und U-Bahn.
  2. Stopp direkter und indirekter Subventionen im Luftverkehr und Aufgabe der 3. Startbahn.
  3. Stopp des Fernstraßenausbaus in Bayern.
  4. Massive Investitionen in Ausbau ÖPNV für eine Mobilitätsgarantie in ganz Bayern.