Bayern wird Stromimportland

Die Stromversorgung in Bayern ändert sich innerhalb von 12 Jahren ganz gewaltig.
Im Jahr 2012 deckten die Atomkraftwerke noch über 50 % des Stromverbrauchs ab. Im Jahr 2023 ist dann endlich Schluss mit dem Atomstrom aus Bayern.

15. November 2017

Die Stromversorgung in Bayern ändert sich innerhalb von 12 Jahren ganz gewaltig.

Im Jahr 2012 deckten die Atomkraftwerke noch knapp die Hälfte des Stromverbrauchs ab. 2016 waren es nur noch ein Drittel und im kommenden Jahr werden es weniger als ein Viertel sein. Im Jahr 2023 ist dann endlich Schluss mit dem Atomstrom aus Bayern.
Im Gegenzug ist der Anteil der Erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung in Bayern seit der Einführung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes im Jahr 2000 durch die rot-grüne Bundesregierung deutlich gestiegen, von 19 % auf über 44 %.
Die Stromproduktion der stillgelegten Atomkraftwerke Isar 1 und Grafenrheinfeld wurde gut durch neue Wind-, Solar- und Biomasseanlagen ersetzt.

Doch die Situation wandelt sich gerade vollkommen:
Der Ausbau der Windkraft wird in Bayern zusammenbrechen. Dafür hat vor allem Horst Seehofer die Verantwortung, weil er die 10-H-Abstandregelung rigoros durchgepeitscht hat. Der Ausbau der Photovoltaik stockt schon seit langem. Die Ausbauziele der Bundesregierung werden schon lange nicht mehr erreicht, aber die Bundesregierung ändert ihre Politik trotzdem nicht. Gleichzeitig steigt der Stromverbrauch allein in den letzten Jahren um mehr als 10 Prozent!

Wenn aber immer mehr Strom verbraucht wird und die Erneuerbaren Energien ausgebremst werden, dann wird Bayern zum Stromimportland.

Wie Bayern Sonne und Wind ausbremst

Die 10H-Regelung der CSU-Regierung und die verkorkste Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes der Bundesregierung lassen Windkraft in Bayern keine Chance. Insbesondere die 10H-Regelung hat den Windkraftausbau zum Erliegen gebracht und fast komplett aus Bayern verbannt. Nur noch 43 Anträge für neue Anlagen wurden 2016 eingereicht, in den ersten neun Monaten 2017 waren es nur noch vier - zum Vergleich: In den besten Windkraftjahren von 2012 bis 2014 waren es zwischen 200 und 400 Anträge im Jahr!

Dazu kommt, dass sich durch die EEG-Reform die bayerischen Projekte seit 2017 an bundesweiten Ausschreibungen beteiligen müssen – und da haben nur noch die wenigsten eine Chance. Bisher haben erst „Bundesregierung und Staatsregierung machen der Erneuerbaren Energie das Leben zur Hölle: Die 10H-Regelung seit Ende 2014 und die verkorkste EEG-Reform von 2016, nach der sich die bayerischen Projekte seit diesem Jahr auch noch an bundesweiten Ausschreibungen beteiligen müssen – die Windkraft hat keine Chance. Nur drei Projekte im süddeutschen Raum haben einen Zuschlag erhalten – damit hat es die CSU-Regierung geschafft: Windkraft in Bayern ist erstmal tot.

Die Situation beim Ausbau der Solarstromerzeugung ist kein Deut besser. Nach einem Boom in den Jahren 2009 bis 2012 ist sie zusammengebrochen. Sie ist heute auf einem niedrigeren Stand als vor 10 Jahren: nicht mal 250 MW wurden im Jahr 2016 zugebaut. Obwohl das Ausbauziel weder in Deutschland noch in Bayern erreicht wird, unternimmt die große Koalition nichts dagegen.

Auch bei den Ausschreibungen für die großen Photovoltaik-Anlagen, die die Bundesregierung eingeführt hat, kommen bayerische Interessenten kaum zum Zug.

Marktsituation Gaskraftwerke

 

In Bayern gibt es viele, zum Teil sehr moderne und effiziente Gaskraftwerke. Viele von Ihnen stehen die meiste Zeit still. Zum Beispiel stehen in Irsching bei Ingolstadt zwei Gaskraftwerks-Blöcke mit einem hohen Wirkungsgrad, die erst 2010 und 2011 in Betrieb genommen wurden. Zusammen haben sie die Leistung eines großen Atomkraftwerks. Aber jeder dieser Blöcke ist im vergangenen Jahr weniger als 300 Stunden in Betrieb gewesen und haben kein halbes Prozent zur bayerischen Stromerzeugung beigetragen.

Woher kommt das?
In Deutschland gibt es einen Überbestand an Kraftwerken. Viele erneuerbare Energieanlagen sind in Betrieb gegangen, aber die alten atomaren und fossilen Kraftwerke werden weiter betrieben. Dieses Überangebot führt dazu, dass viele Kraftwerke nicht mehr in den Markt kommen. Insbesondere Gaskraftwerke tun sich schwer und können an der Strombörse mit Kohle- und Atomkraftwerken nicht konkurrieren. Dies führt zu der ökologisch schädlichen Situation, dass alte Braunkohle-Dreckschleudern moderne Gaskraftwerke aus dem Markt drängen.

Wie lässt sich das ändern?
Es gibt nur zwei Möglichkeiten: die alten Atom- und Kohlekraftwerke werden schneller stillgelegt oder die dreckigen Kohlekraftwerke, die mehr als doppelt soviel CO2 ausstoßen als Gaskraftwerke, werden durch eine CO2-Abgabe aus dem Markt gedrängt.

Gaskraftwerk Irsching, Foto: Siemens AG, München/Berlin / www.siemens.com/presse

Stromverbrauch in Bayern nimmt extrem zu

 

Der Stromverbrauch in Deutschland ist seit vielen Jahren weitgehend stabil. Trotz Wirtschaftswachstum gibt es dank der verschiedenen Effizienzsteigerungen keinen Anstieg beim Nettostromverbrauch. In den letzten 10 Jahren ist er immer um die 520 TWh gependelt.

Ganz anders die Situation in Bayern. Hier explodiert der Stromverbrauch. In den letzten zehn Jahren ist er von 76 TWh auf 84,4 TWh angestiegen. Das ist eine Zunahme um über 10 %.

Im Jahr 2012 hat die Bayerische Staatsregierung zusammen mit dem Bund Naturschutz und dem Landesbund für Vogelschutz einen Aktionsplan zum Energiesparen beschlossen. Er hat das Ziel, dass der Stromverbrauch bis zum Jahr 2020 um 20 % sinkt. Tatsächlich ist er seitdem um über 4 % gestiegen!

Ist Stromimport schlecht?

 

Aus diesen drei Gründen wird Bayern wird in den nächsten Jahren immer stärker von Stromimporten abhängig:

  • Der Ausbau der erneuerbaren Energien wird von der Staatsregierung gebremst
  • Die Gaskraftwerke haben auf dem Strommarkt keine Chance gegen die alten Braunkohlekraftwerke anzutreten.
  • Der Stromverbrauch in Bayern steigt und steigt – und die Staatsregierung tut nichts dagegen


Darum wird Bayern in den nächsten Jahren immer mehr Strom importieren müssen. Nun – an sich ist ja Stromhandel nichts Schlechtes. Es ist gut, wenn man sich untereinander aushilft und wenn z.B. überschüssiger Windstrom von Norddeutschland nach Süddeutschland transportiert werden kann, oder überschüssiger Solarstrom aus Bayern nach Norden geliefert wird.

Aber:

  • Der Stromimport wird so zunehmen, dass die Staatsregierung damit rechnet, dass im Jahr 2025 zwischen 40 und 50 % unseres Stroms aus anderen Ländern importiert werden muss. Damit verliert Bayern ein großes Stück Unabhängigkeit.
  • Eine so hohe Importabhängigkeit gefährdet unsere Versorgungssicherheit. Dann muss der Stromtransport über viele Stromleitungen in jedem Moment garantiert sein. Das kann bei extremen Wetterereignissen oder bei größeren technischen Defekten problematisch werden.
  • Es wird dreckig! Natürlich werden wir in Zukunft immer mehr Strom aus Erneuerbaren Energien nach Bayern importierten. Aber zunächst wird der Strom ziemlich dreckig sein, weil dann Braunkohlestrom aus der Lausitz in Sachsen, aus Brandenburg und Nordrhein-Westfalen auch nach Bayern fließen wird.


Die CSU-Politik führt dazu, dass Kohlekraftwerke dreckigen Strom nach Bayern liefern und damit am Netz gehalten werden können. Wir fordern einen raschen Ausbau der erneuerbaren Energien auch in Bayern, Maßnahmen zur Stromeinsparung und einen schnellen Ausstieg aus der Braunkohle in Deutschland.