Bildung und Wissenschaft

Untersuchungsausschuss Deutsches Museum Nürnberg

Pressekonferenz zur Einsetzung des UA Museum

26. Oktober 2022

Zusammen mit der SPD-Fraktion und der FDP-Fraktion des bayerischen Landtags setzen wir eine Untersuchungsausschuss zum Deutschen Museum Nürnberg ein. Unsere stellvertretende Fraktionsvorsitzende Verena Osgyan vertritt unsere Fraktion darin.

Anlass:

Beim Deutschen Museum Nürnberg sind seit Beginn viele Fragen offen und das Konstrukt, unter dem das Projekt vorangetrieben wurde, hat sich als immer dubioser offenbart. Der ganze Hergang wirft seit Jahren eine Vielzahl an Fragen auf, die jedoch bisher immer nur unzureichend oder gar nicht beantwortet wurden. Das geht nicht nur uns als Parlament so, sondern auch dem Bayerischen Obersten Rechnungshof, der seit Monaten auf eine sinnvolle Antwort der Staatsregierung auf seine wiederholten Nachfragen wartet. Auch in Bayern ist die Regierung an Recht und Gesetz gebunden und verpflichtet, gegenüber dem Obersten Bayerischen Rechnungshof einer vollständigen Offenlegung der internen Vorgänge nachzukommen.

Bis heute ungeklärt sind die wirtschaftlich höchst fragwürdigen Entscheidungen:

  • zur Standortauswahl
  • zur Vertragsgestaltung und
  • zur Flächenerweiterung.

Der ORH-Zwischenbericht zeigt auf, dass diese Entscheidungen unter Umgehung der Geschäftsordnung der Staatsregierung einfach im Finanzministerium statt dem zuständigen Wissenschaftsministerium getroffen wurden. Welche Rolle das Deutsche Museum selbst, das eigentlich vom Freistaat unabhängig ist, dabei spielte, ist in vielen Teilen auch heute noch unklar. Der uns seit Frühsommer vorliegende Zwischenbericht des ORH ist sehr deutlich und wertete auch Dokumente aus, die dem Landtag bislang noch unbekannt waren. Diese müssen nun umgehend auch dem Parlament zur Verfügung gestellt werden. Bei der Auswertung dieser Dokumente durch den ORH wurde aber bereits das ganze Ausmaß der Misswirtschaft klar: Ganz offensichtlich wurden die Haushaltsgrundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ausgerechnet vom damaligen Finanzminister Söder wissentlich ignoriert.

Die Staatsregierung hat sich offenbar vor der Vergabe kein umfassendes Bild der Immobiliensituation gemacht und daher einen für die öffentliche Hand sehr nachteiligen Mietvertrag unterschrieben, anstatt die ebenfalls bestehende Möglichkeit eines Ankaufs auch nur in Betracht zu ziehen. Wo ursprünglich noch von 8 Millionen Euro Anschubfinanzierung gesprochen wurde, kommen wir nun auf die Zahl von mindestens 200 Millionen Euro Gesamtkosten über die nächsten 25 Jahre. Diese immensen Gesamtkosten hätten weitaus niedriger ausfallen können, wenn der Freistaat hier verantwortungsvoll und damit im Sinne der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler gearbeitet hätte.

Aus dem Bericht wird ebenfalls klar, dass das ganze Projekt offenbar vom damaligen Finanzminister Söder maßgeblich und vor allem unter Umgehung jeglicher Ressortzuständigkeiten durchgedrückt wurde. Er und sein Büro waren es, die eigenmächtig und ohne dass dafür eine Anforderung bestand, auf Angebot des Investors hin eine größere Fläche als ursprünglich vorgesehen zur Anmietung vorgeschlagen haben und damit die Kosten durch die Decke haben steigen lassen. Bei all dem verweist die Staatsregierung bis heute auf die Unabhängigkeit des Deutschen Museums – obwohl Finanzminister Söder, wenngleich nicht zuständig, federführend dieses Projekt vorangetrieben hat, eigenmächtig Verpflichtungen für den Freistaat eingegangen ist und großzügige Finanzierungszusagen gemacht hat.

All dies können wir an dieser Stelle nicht so stehen lassen. Den Untersuchungsausschuss werden wir nutzen, um zu all diesen Punkten die Verantwortlichen für das Museumsprojekt zu vernehmen. Dazu zählt insbesondere der frühere Finanzminister und heutige Ministerpräsident Markus Söder der sich bisher um jegliche Aussage gedrückt hat. Die Öffentlichkeit hat Antworten verdient, wie dieses Projekt zum teuersten Mietvertrag in der Geschichte des Freistaats werden konnte.

Auch abseits des ORH-Berichts tauchen immer neue Fragen auf. Mittlerweile steht auch die juristische Frage im Raum, ob nicht auch bei der Anmietung durch den Freistaat – wie bei einem Ankauf – eine Ausschreibung hätte stattfinden müssen. Sollte sich das bewahrheiten, wäre klar, dass die Staatsregierung mindestens an einer Stelle nicht nur ohne Anstand gehandelt hat, sondern auch gegen geltendes Recht verstoßen hat.

Ziel:

Mit dem Deutschen Museum haben wir hier einen eng umrissenen Untersuchungsgegenstand, den wir bis ins Detail hinein aufklären wollen und müssen. Als Grüne Fraktion haben wir uns lange alle parlamentarischen Mittel offengehalten, um endlich vollumfänglich Aufklärung zu erreichen und die Übernahme der Verantwortung für den entstandenen Schaden zu klären. Nach einer Vielzahl parlamentarischer Maßnahmen – von Anfragen im Ausschuss über Plenardebatten bis hin zur Erstellung unabhängiger Gutachten und zu offenen Fragekatalogen an den Ministerpräsidenten – ist der Untersuchungsausschuss als ultima ratio das schärfste Schwert, das das Parlament noch hat, wenn alle anderen Maßnahmen keine Aufklärung bringen können. Unser parlamentarisches Selbstverständnis gebietet es, den massiven Vorwürfen, die im Raum stehen, genauestens nachzugehen. Nachdem die damaligen und heutigen Beteiligten aus der Staatsregierung offenbar kein Eigeninteresse an einer Aufklärung haben, sehen wir die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses zu diesem Zeitpunkt als unausweichlich an.